Interview mit Dr. Wolfgang Kuhn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Südwestbank, Honorarprofessor am Institut für Handel und Banken der Universität Leipzig
Umsatzeinbrüche, Kurzarbeit, Geschäftsschließungen: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Unternehmen sind weltweit massiv. Wie kommt die Wirtschaft nach dem Shutdown schnell wieder auf Touren? Einschätzungen von Experten aus unterschiedlichen Bereichen von Wirtschaft und Politik in der gemeinsamen Interviewreihe der CONCEPT AG und der Sympra GmbH (GPRA).
Dr. Wolfgang Kuhn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Südwestbank, Foto: Südwestbank
Herr Dr. Kuhn, Cash ist King – das Motto gilt in Zeiten von Corona mehr denn je, da viele Ausgaben bleiben, während die Einnahmen wegbrechen. Zahlreiche Förder- und Kreditprogramme sind zwar auf den Weg gebracht, doch kommt die Liquidität rechtzeitig bei den Unternehmen an?
Cash ist King – das kann ich nur unterstreichen. Insofern hat die Politik mit den unterschiedlichen Programmen sachgerecht reagiert, auch wenn nicht alles sofort reibungslos funktionierte. Es ist auch richtig, auf der Ebene der Unternehmen kein Helikoptergeld zu verteilen, so, wie das für Verbraucher angedacht ist. Bei den teils immensen Budgets, die für Großunternehmen erforderlich sind, käme die Bereitstellung von Finanzmitteln ohne Rückzahlung auf lange Sicht quasi einer Existenzgarantie gleich. Geraten systemrelevante, also für unsere Volkswirtschaft existenziell wichtige Unternehmen in Existenzkrisen oder drohen ihnen ausländische Übernahmen, dann halte selbst ich als Marktwirtschaftler es für besser, wenn sich der Staat direkt mit echtem Eigenkapital an den Unternehmen beteiligt. Denn dieses Geld kann zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Reprivatisierung über die Börse wieder in den Staatshaushalt zurückfließen.
Wie ist Ihre Wahrnehmung: Spielen die Hausbanken die Rolle des Bremsers oder des Katalysators?
Anfänglich entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass die Banken zu zögerlich bei der Kreditvergabe seien. Dafür muss man verstehen, dass die Banken bei der Kreditprüfung zu 100 Prozent in der Haftung stehen, auch wenn 80 Prozent des Risikos letztlich von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) übernommen werden. Soweit ich es beurteilen kann, läuft die Hilfestellung der Kreditwirtschaft mittlerweile überwiegend unbürokratisch und zügig, sodass die bei den Hausbanken beantragten Förderkredite wesentlich schneller als üblich bei der KfW eintreffen.
Geraten systemrelevante, also für unsere Volkswirtschaft existenziell wichtige Unternehmen in Existenzkrisen oder drohen ihnen ausländische Übernahmen, dann halte selbst ich als Marktwirtschaftler es für besser, wenn sich der Staat direkt mit echtem Eigenkapital an den Unternehmen beteiligt.
Haben Sie konkrete Tipps, wie Unternehmen ihre Finanzierung aktuell gestalten sollten, um nach dem Lockdown schnell aus der Talsohle herauszukommen?
Konkrete Tipps kann man nur differenziert geben, denn sie sind abhängig von der bisherigen Finanzierungsstruktur und dem Geschäftsmodell. Generell gilt, dass die Zinsen allgemein noch sehr niedrig sind, sodass bei vorhandener Bonität Fremdkapital ideal wäre, um Themen für die Zukunft nach vorne zu bringen. Auch Lieferantenkredite, Leasing und Factoring sind in der derartigen Situation geeignete Instrumente, vor denen Unternehmen sich nicht scheuen sollten.
Was können Unternehmen tun, die bereits vor der Corona-Krise angeschlagen waren? Gibt es die Chance, dass sie gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen?
Grundsätzlich sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Das kann von sehr harten Kostenschnitten über neue Geschäftsmodelle, Stundungsvereinbarungen mit Partnern oder Mitarbeiterbeteiligungen gehen. Damit die Maßnahmen funktionieren, ist es wichtig, schnell und offen zu kommunizieren und sich rechtzeitig Hilfe von Restrukturierungsberatern zu holen.